Baustelle Infrastruktur: Versäumnisse der Vergangenheit mit Fachpersonal der Zukunft aufholen

Marode Straßen bremsen Unternehmen aus, die Infrastruktur der Deutschen Bahn steht der Harmonisierung des europäischen Bahnverkehrs im Weg, die Neckar-Schleusen sind zu kurz für viele Binnenschiffe – Deutschlands (Wasser-)Straßen, Brücken und Zugtrassen bekommen aktuell selten gute Schlagzeilen. Experten wissen: Ungenaue Belastungsbewertungen in der Vergangenheit haben zum derzeitigen Nachholbedarf beigetragen, der nur mit dem geeigneten Fachpersonal aufgeholt werden kann, um den Infrastrukturerhalt und -ausbau im Land zu optimieren.

Laut einer im November vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlichten Studie sehen sich vier von fünf Unternehmen in Deutschland durch Infrastrukturmängel in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt – und dass, obwohl Deutschland mit rund 830.000 km Straßen und 36.800 km Schienen generell eine gut ausgebaute Infrastruktur hat. Prof. Dr.-Ing. Jens Bender, der als Professor für Wasserbau und Wasserwirtschaft im dualen Master-Studiengang Bauingenieurwesen am DHBW CAS lehrt, weist auf ein zentrales Problem bei der Instandhaltung der Infrastruktur hin: „Es gab in den vergangenen Jahren einen signifikanten Investitionsstau, was dazu geführt hat, dass die Infrastruktur schneller altert als sie instandgesetzt wird.“

Dabei kommt zum Tragen, dass die heutigen Belastungen der Infrastruktur in der Vergangenheit nicht hinreichend genau bestimmt wurden und die Realität das erwartete Verkehrsaufkommen übertroffen hat: „Allein zwischen 1991 und 2016 hat die Güterverkehrsleitung beispielsweise um 68 % zugenommen und wird bis 2030 nochmal um 30 % gegenüber 2017 steigen. Aktuell gilt es, die zum Teil stark überlasteten und maroden Bauwerke wieder auf die Belastungen von morgen vorzubereiten“, erläutert der Infrastruktur-Experte.

Schleuseninfrastruktur am Neckar ist in die Jahre gekommen

Als Beispiel nennt Bender den Neckar. Ein Schleusenausbau würde gerade mit Blick auf die Entlastung von Straßen und dem Klimaschutz viel Sinn machen und dazu die die Attraktivität der Neckarregion als Wirtschaftsstandort stärken. Eine stark veraltete Schleuseninfrastruktur sorgt in diesem Bereich dafür, dass der gesamte Neckar mit moderneren Binnenschiffen nicht erreichbar ist. Der Grund: „Die 27 Neckarschleusen zwischen der Rheinmündung und Plochingen haben eine Länge von 110 Metern. Moderne Schubverbände, wie sie auch auf dem Rhein fahren, haben jedoch eine Länge von 135 Metern und können diese Schleusen nicht passieren“, so der Professor für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Den Vorteilen des Ausbaus gegenüber stehen die Kosten: Insgesamt rechnet der Bund mit etwa 1,2 Mrd. Euro, sowohl für den Ausbau (25 %) als auch für die ohnehin notwendige Instandsetzung.

Investitionen und Personal nötig

Damit nicht nur die Neckarschleusen, sondern auch andere Bauwerke an aktuelle Erfordernisse angepasst werden, bedarf es mehr als nur Investitionen: Es sind Unternehmen gefragt, die Infrastrukturmaßnahmen – mit der nötigen Sicherheit – planen und umsetzen können. Eine wesentliche Herausforderung besteht dabei in der Ausbildung des geeigneten Fachpersonals: „Wir hören durchweg von Bauunternehmen und Planungsbüros, dass Aufträge nicht bearbeitet werden können, weil nicht genügend qualifiziertes Personal vorhanden ist – sowohl Ingenieurinnen und Ingenieure als auch Facharbeiterinnen und Facharbeiter“, betont Bender. „Ich sehe darin das dringlichste Problem, dem wir in absehbarer Zeit entgegenwirken müssen, etwa dadurch, dass Infrastrukturmanagement als attraktiver Beruf für junge Menschen vermittelt wird.“

Im Rahmen des dualen Masters für Bauingenieurwesen am DHBW CAS können Studierende beispielsweise den Schwerpunkt Infrastrukturmanagement mit Modulen zum Bau und zur Unterhaltung von Infrastrukturbauwerken wählen. Dringende Infrastrukturprojekte gibt es schließlich viele. Weitere Informationen zum Master Bauingenieurwesen