Der Weg zum Ingenieur umfasst mehr als gute Klausuren

Es scheint heute absolut selbstverständlich: neben Fachkompetenz fördern die dualen Masterstudiengänge am DHBW CAS auch die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden. Das eigens dafür konzipierte Modul der Fachübergreifenden Kompetenzen ist in einem Großteil der Studiengänge fest verankert und kommt bei Studierenden und Absolventen sehr gut an. Doch wie immer brauchen gute Konzepte Vordenker und Wegbereiter. Im Gespräch zeigt Direktor Prof. Dr.-Ing. Joachim Frech auf, warum er die „Soft Skills“ im Studium so zentral findet und wie er Ihnen den Weg ins Mastercurriculum ebnete.

Wie kommt es, dass Sie von der Notwendigkeit der „weichen“ Themen im dualen Masterstudium so überzeugt sind?

JF: Während meines Studiums war ich als wissenschaftliche Hilfskraft beim Fraunhofer Institut tätig. Und dort wurde ich – der damals eher introvertierte und schüchterne Typ – im wahrsten Sinne des Wortes genötigt, im Rahmen eines Projekts mit wichtigen Industriekunden Gespräche am Telefon zu führen. Das war eine echte Herausforderung für mich!

Jetzt interessiert mich natürlich, wie Sie diese Situation gemeistert haben…

JF: Entscheidend war sicherlich, dass ich keine Wahl hatte und es einfach tun musste. Geholfen hat mir zudem meine positive Grundeinstellung mit dem Motto „Du kannst das schaffen!“. In dieser Situation wurde mir allerdings auch klar: Der Weg zum Ingenieur umfasst mehr als gute Klausuren. Es geht darum, dich als Person weiterzuentwickeln – da führt kein Weg daran vorbei. Anhand dieser Herausforderung habe ich aber auch gelernt: Persönlichkeitsentwicklung ist möglich. Ich kann in Aufgaben hineinwachsen, die mir zuerst schwerfallen.

Gibt es weitere Schlüsselerlebnisse, die Ihnen in diesem Zusammenhang einfallen?

JF: Ja, ich erinnere mich an die Begegnung mit einer Master Studentin, die mir berichtete, dass sie noch keinerlei Auslandserfahrung habe. Aus diesem Grund hat sie sich im Modul International Business ganz bewusst zu einer Exkursion nach Indien angemeldet – obwohl das für sie mit einigen Ängsten verbunden war. Ich werde nie vergessen, wie sie im Anschluss an die Exkursion mit leuchtenden Augen sagte: „Ich könnte mir jetzt sogar vorstellen, für mein Unternehmen nach Indien zu gehen!“ Das war Persönlichkeitsentwicklung pur!   
Neben diesen persönlichen Erfahrungen bestätigen zahlreiche Studien aus Praxis und Wissenschaft die Relevanz dieser Themen. Es ist offensichtlich, dass Hochschulen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung den Studierenden etwas bieten sollte.

Sie haben den Startimpuls für das Modul „Fachübergreifende Kompetenzen“ im dualen Masterstudium am DHBW CAS gegeben. Wie ist diese Idee entstanden?

JF: Als wir 2012 mit der Konzeption des dualen Masters an der DHBW begannen, war ich schon lange Jahre Studiengangsleiter für den Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Schon damals war mir klar – ein Wirtschafsingenieur muss sich auch durch gute soft skills auszeichnen. Wir bauten dann den Bereich Schlüsselkompetenzen in das Bachelor-Curriculum ein. Und natürlich war es mir besonders wichtig, diesen Bereich dann auch im Master hochzuhalten. In diesem Anliegen wurde ich glücklicherweise vom damaligen Vizepräsidenten Prof. Dr. Ehlers unterstützt. Sie können sich vorstellen, diese Initiativen waren anfangs sehr umstritten – das klang bei manchen Fachkollegen fast nach Gehirnwäsche.

Wie sind Sie mit diesen Widerständen umgegangen?

JF: Wir haben versucht, die vorhandene Skepsis abzubauen, indem wir Einblicke gegeben haben. Kollege*innen haben die Chance bekommen, sich aktiv einzubringen und mitzudenken. Außerdem haben wir immer wieder die positiven Reaktionen der Studierenden und der Dualen Partner sichtbar gemacht. Damit wurde klar: das, was wir machen, kommt gut an und es lohnt sich! Mittlerweile ist das Modul gut etabliert und wir haben ein umfangreiches Seminarangebot für die Masterstudiengänge aufgebaut. Hier haben auch vielfältige Studien zu den Anforderungen an ein zeitgemäßes Studium geholfen, wie z.B. die Studie „Future Skills 2021“ vom Stifterverband. Damit konnten wir darlegen, dass wir das alles schon so machen.

Lassen Sie uns abschließend einen Blick in die Zukunft werfen: wohin könnte sich die Persönlichkeitsentwicklung im Dualen Master weiterentwickeln?

JF: Mit Blick in die Zukunft sehe ich drei entscheidende Aspekte: wir könnten erstens das Portfolio unserer Veranstaltungsformate erweitern. Ich denke hier z.B. an Kaminabende, bei denen erfahrene Führungspersönlichkeiten aus der Praxis von ihren Erfahrungen berichten und damit zur Reflexion über die eigenen Führungserfahrungen einladen. Zweitens wünsche ich mir, dass wir mit Coaching unsere Studierenden noch individueller in ihrer Persönlichkeitsentwicklung begleiten können – idealerweise auch über das Masterstudium hinaus. Und „Tue Gutes und rede darüber!“ ist der dritte Aspekt: Lassen Sie uns noch viel mehr darüber reden, wie im dualen Studium und im Dualen Master im Besonderen, Persönlichkeiten entwickelt werden. Denn ich bin davon überzeugt, dass das duale Studium besondere Chancen für die Persönlichkeitsentwicklung bietet. Durch die Berufspraxis erleben die Studierenden die Motivation und manchmal auch den Leidensdruck, sich mit den so genannten „weichen“ Themen zu beschäftigen. Man könnte daher fast von einem „Executive Programme“ zur Persönlichkeitsentwicklung sprechen! Abschließend möchte ich auch sagen: Ich bin wirklich stolz darauf, was wir schon alles anbieten und wie gut das angenommen wird!

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Ulrike Bunz, Wissenschaftliche Referentin für Fachübergreifende Kompetenzen